Die Ergebnisse des Bürgerrats sind ernüchternd
Der in der Bundesrepublik im Jahr 2023 gegründete Bürgerrat Ernährung im Wandel, bringt leider nichts neues auf dem Tisch. In den Medien wird die Forderung nach einem kostenfreien Mittagessen für Kinder als neue Idee verkauft. Dies ist nach Informationen der Tagesschau der wichtigste Vorschlag. „Eingeführt werden könne das kostenfreie Mittagessen staffelweise innerhalb von acht Jahren, beginnend in Kitas.“[1]
Wie in dem Buch Gesunde Ernährung, dass 2022 veröffentlich wurde auf über 300 Seiten umfangreich ausgearbeitet und gut lesbar dargestellt, ist diese Forderung nicht neu. Im Jahr 2001 wurde der Food Environment Policy Index vorgestellt. Der Food-EPI ist das Ergebnis einer Studie die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wurde, um herauszufinden welche politischen Stellschrauben es in Sachen Ernährung für Deutschland gibt. Das Ergebnis: Deutschland bleibt weit hinter seinem Potenzial zurück, es besteht erheblicher Reformbedarf.
Passiert ist seitdem, leider nichts! Auch die derzeitige Bundesregierung, bestehend aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP rüstet sich mit der Erstellung von Arbeitskreisen und der Wiederholung von altern Erkenntnissen anstelle etwas umzusetzen.
Forderungen an die deutsche Politik, die sich 2021 aus dem Food-EPI ergeben haben, sind u. a.:
- qualitativ hochwertige und gebührenfreie Verpflegung in Kinderbetreuungseinrichtungen und Schulen gemäß Qualitätsstandards, wie sie von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entwickelt wurden.
- gesetzliche Regulierung von Lebensmittelwerbung, die sich an Kinder richtet.
- Maßnahmen, mit denen der Konsum von Leitungswasser gefördert wird (kostenloses Leitungswasser in der Gemeinschaftsverpflegung, kostenloses oder günstiges Leitungswasser in der Gastronomie etc.)
- Ernährungsbildung in Kindergärten und Schulen
Verpflegung und Ernährungsbildung in Kindergarten und Schulen
Seit dem Ausbau der Betreuungsplätze – vor allem in Westdeutschland – gibt es immer mehr Einrichtungen, an denen die Kinder und Jugendlichen eine warme Mahlzeit bekommen können. Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, wie warmes Essen in Kindergärten und Schulen zubereitet wird: Wenn es eine eigene Küche gibt, ist es möglich, dort die gesamten Mahlzeiten frisch zuzubereiten. Ohne eigene Küche kommen Catering-Firmen ins Spiel, von denen es inzwischen viele auf dem Markt gibt. Daneben besteht auch noch die Möglichkeit, dass Großküchen aus Trägerschaften wie zum Beispiel AWO, Caritas, DRK, etc. das Essen zubereiten. Ob nun Catering-Firma oder Großküche aus einer Trägerschaft, sie liefern das fertige Essen servierbereit oder fertig zum Aufwärmen. Auch dafür braucht es dann die entsprechenden Gerätschaften, eine komplette Küche ist dabei nicht notwendig.
Woher kommt das Essen, und wie ausgewogen ist es? Wird vor Ort frisch gekocht oder höchstens aufgewärmt? Wie steht es um die Themen Nachhaltigkeit und Regionalität? Und eng damit verbunden: Was lernen die Kinder über Lebensmittel, Kochen und Ernährung?
Dazu gibt es eine aktuelle Studie für das Land Nordrhein-Westfalen, erstellt an der Universität Münster im Auftrag der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Unter dem Titel „NRW isst besser! – Wegweiser zu einem nachhaltigeren Ernährungssystem in NRW“[2] wurde untersucht, woher das Essen für Kindergärten und Schulen sowie Mensen, Kantinen und Seniorenheime kommt und wie gesund und nachhaltig es ist. Einige zentrale Ergebnisse:
- Nur in rund 30 Prozent der Kindergärten und in 14 Prozent der Schulen wird frisch vor Ort gekocht.
- Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) werden in der Regel unterschritten. Vor allem Fleisch und Wurstwaren werden zu viel, pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse und Obst zu wenig angeboten.
- Es fehlen bislang häufig konkrete Nachhaltigkeitskriterien, zum Beispiel zur Verwendung saisonaler und regionaler Produkte. Zudem bereitet die Umsetzung bereits bestehender Nachhaltigkeitskriterien dem Personal in Küche und Beschaffung oft Schwierigkeiten.
- Ernährungsbildung findet in Kindergärten und Schulen nur punktuell statt, hängt oft vom persönlichen Engagement des Personals ab und basiert zum Teil auf unzureichendem Alltagswissen.
- Es fehlt Fachpersonal für Verpflegung und Ernährungsbildung, auch durch die mangelnde Verankerung in der Ausbildung.
- Es gibt einzelne Leuchtturmprojekte wie die Initiative „Schüler/-innen kochen für Schüler/-innen“, es fehlen Standards für die gesunde und nachhaltige Ernährung.
Daraus folgen unter anderem diese Forderungen:
- Erstellung einer NRW-Ernährungsstrategie, die die Ernährungspolitik strategisch ausrichtet und steuert
- DGE-Qualitätsstandards für Kindergärten und Schulen sowie Nachhaltigkeitskriterien als Mindeststandards etablieren
- Fortbildungen zum Themenfeld „nachhaltige Beschaffung“ durchführen
- Kostenlose gesunde und nachhaltige Verpflegung in allen Kindertageseinrichtungen und Schulen anbieten
- Schulen und Kindertageseinrichtungen so breit wie möglich mit Küchen zur Selbstversorgung sowie mit Schulgärten ausstatten, um Ernährungsbildung auch in der Praxis zu ermöglichen
- Systematische Integration von Ernährungswissen und -kompetenzen in den Lehrplänen der pädagogischen Mitarbeiter
- Kommunale und regionale Strukturen aufbauen und weiterentwickeln, dazu gehören unter anderem die Beratung von Kindergärten und Schulen und die Vermarktung von regionalen Produkten
Fazit – Die Verantwortung liegt bei den Eltern
Die Ergebnisse aus dem einwohnerstärksten Bundesland Nordrhein-Westfalen sind zwar nicht repräsentativ, dafür sicherlich in einigen Punkten auf andere Länder übertragbar – vor allem auf die „alten“ Bundesländer, die noch Aufholbedarf haben, da die Ganztagsbetreuung in den Krippen, Kindergärten und Schulen der damaligen DDR der Standard war und nach der Wiedervereinigung weitgehend beibehalten wurde.
Wünschenswert wäre natürlich, dass jeder Kindergarten und jede Schule eine eigene Küche hat, in der täglich wirklich frisch gekocht wird. Damit Kinder die Chance haben, dort richtiges und gesundes Essen kennenzulernen, das sie für die richtige Konzentration und Entwicklung brauchen. Vielleicht würde sich dann ihr Geschmackssinn in Richtung natürlich und weniger süß ausrichten.
Doch eine Küche in jeder Einrichtung ist wohl utopisch. Umso mehr sind wir Eltern in der Verantwortung, genau hinzuschauen, woher das Essen für unsere Kinder kommt. Und was drin ist. Die Catering-Firmen sind verpflichtet, Listen mit den verwendeten Zusatzstoffen zu liefern.* Für Kinder besonders schädliche Stoffe – etwa Phosphate (schlecht für die Knochen), Zitronensäure (schlecht für die Zähne) oder Glutamat bzw. Hefeextrakt (als Dickmacher in Verdacht) – sind bestenfalls nicht auf den Listen zu finden. Auf Aroma, das den Geschmackssinn schon früh durcheinanderbringt und ihn auf Industrienahrung eicht, können die Kleinen ebenso gut verzichten.
Quellen
[1] https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/buergerrat-ernaehrung-100.html
[2] https://docplayer.org/220502634-Nrw-isst-besser-wegweiser-zu-einem-nachhaltigeren-ernaehrungssystem-in-nrw-prof-dr-guido-ritter-cand-b-sc-kirsten-reichardt-m-sc.html